Das Hotel Jibreen liegt an der Straße, die sich wie ein U um den südlichen Rand des westlichen Hadschar-Gebirges zieht. Von dieser Straße führen drei wichtige Routen in das Hochland, eine Straße hinauf zum Jebel Shams, der mit dem Wadi Nahkl den sogenannten „Grand Canyons Omans“ bildet, eine weitere Gebirgsstraße hinauf nach Balad Seet, von der man durch den atemberaubenden Wadi Bani Awf die Nordseite des Gebirges erreichen kann, und eine Straße hinauf auf das Saiq-Plateau. Letztere steht heute auf dem Programm. Die Straße ist laut Reiseführer zwar geteert, darf aber durch die steile Straßenführung nur mit einem Allradwagen befahren werden. Aufgrund dessen, dass die Allradfähigkeit des Autos sogar an einem Checkpoint des omanischen Militärs geprüft wird, hatte ich mich bei der Planung des Urlaubs für diesen Abschnitt auch sehr bewusst für einen Allradwagen entschieden. Genau den bewege ich für recht früh auf die Straße, denn ich erwarte einen langen Tag, da viele Abstecher auf dem Plan stehen. Um schnell Meter zu machen, entscheide ich mich, die Schnellstraße nach Nizwa zu nehmen, um kurz nach der Abfahrt Richtung Birkat al-Mauz abzubiegen. Diese Oase verfügt wie so viele der kleinen Ort im Oman über ein Fort, das am Fuß des Anstiegs Richtung Saiq-Plateau liegt. Da ich sowieso darafn vorbeifahre, steige ich kurz aus und mache ein kleines Panorama vom Fort Bait al Rudaidah.
Kurz dahinter beginnt der Anstieg und die Straße wird merklich steiler. Kurz hinter dem Abzweig Richtung Wadi Muaydin erreiche ich dann den schon genannten Checkpoint und lasse gelassen die Fensterscheibe herunterfahren. Der Soldat grüßt und bittet mich freundlich um meinen Führerschein und die Fahrzeugpapiere. Ich erschrecke, der Führerschein ist kein Problem und griffbereit verstaut, aber die Fahrzeugpapiere lassen sich in meinen Mietwagenunterlagen nicht finden. Ich beginne zu zweifeln, ob ich die Papiere überhaupt bekommen habe, da meint der Soldat, ich solle mal unter der Sonnenblende nachschauen und siehe da, dort befindet sich eine Kopie der Fahrzeugpapiere. Allerdings fällt dem Soldaten auf, dass die Papiere abgelaufen sind, dennoch nimmt er die Papiere mit in seinen Chechpoint und checkt die Daten. Nach ca. 2 Minuten kommt er wieder hinaus, gibt mir die Sachen zurück und winkt mich durch. Ich bedanke mich sehr herzlich und fahre erleichtert weiter. Geistige Checkliste fürs nächste Mal: Fragen, wo die Fahrzeugpapiere sind und prüfen, ob sie abgelaufen sind!
Kurz nach dem Checkpoint lässt sich dann erkennen, wieso ab hier nur noch Allradwagen erlaubt sind, denn die Straße windet sich sehr steilen Serpentinien eine Steilwand hinauf. Der Anblick von unten ist fantastisch.
Allerdings ist der Blick von der Straße auf die Bergwelt des Jebel Akhdar noch viel fantastischer!
Nach 20 Minuten steiler Straße erreicht man dann auf ca. 1900 Meter die Passhöhe, von der sich ein atemberaubender Blick auf die Orte des Hochplateaus Saiq bietet.
Laut meines Reiseführers lohnt sich ein Abstecher Richtung Hail al-Misbit, wo es einen schönen Steilabfall geben soll. Ich kämpfe sehr lange mit den seltsamen Kilometerangaben im Reisebericht und finde die Stelle einfach nicht. Ich fange an, sehr unzufrieden zu werden und beginne mich zu fragen, wessen Reise ich hier tue! Meine, oder die Reise der Reisejournalisten dieses Buches?? Ich finde dann eine selbst eine kleine Stichstraße, der Straßezustand ist sehr schlecht. Aber wofür habe ich denn einen Allrader? Ich wage mich auf die Straße, habe dann auch noch Zeit für ein Foto.
Der grobe Gravel auf der Straße macht mir dann doch etwas Sorgen, dennoch reizt mich der Steilabfall, den ich selber gefunden habe, sehr. Dennoch verspüre ich immer noch etwas Ärger über die Unfähigkeit, die im Reiseführer beschriebene Stelle gefunden zu haben. Der Anblick der Straße ist dennoch sehr spannend.
Und als ich unten angekommen bin, haben sich die Sorgen in Luft aufgelöst und der Anblick entschädigt für das Rumgemaule von vorhin.
Das Plateau oberhalb dieser Schlucht bietet auch eine tolle Kulisse.
Ich spüre, dass sich der Ärger etwas lichtet und mache mich auf den Weg zu einem laut Reiseführer schönsten Aussichten, dem sogenannten Diana’s Point, von dem gesagt wird, dass Princess Diana mal ein Picknick gehabt haben soll. Aber die Beschreibung des Reiseführers ist mal wieder sehr verwirrend und die Angaben zwischen dem Reiseführer und meiner App, die auch Point of Interests kennt, unter anderem auch den Diana’s Point, unterscheiden sich. Ich lasse also die ersten im Reiseführer beschriebenen Ausguckpunkte rechts liegen und suche direkt Diana’s Point. Ich folge der Ortsangabe der App, stehe aber plötzlich vor einem Zaun, der aber eine kleine Durchfahrt aufweist. Ich zögere, dort hinein zu fahren und bin mir sehr unsicher, dass in diesem abgesperrten Gebiet einer der schönsten Ausblicke des Landes sein soll. Der Ärger über den Reiseführer, die mangelnde Ausschilderung und meine schlechte Vorbereitung steigt wieder in mir auf und entlädt sich auch kurze Zeit später. Ich fahre erstmal die Straße weiter, diese endet aber kurz darauf in einer Sackgasse. Ich nehme meinen Mut zusammen und fahre in die kleine Öffnung im Zaum und auf die Gravelroad. Irgendwann denke ich, dass ich völlig richtig bin, denn auf diesem Plateau, auf dem ich mich gerade befinde, bietet sich in ringsum ein fantastischer Ausblick auf die umgebenen Bergwelt. Zunächst begebe ich mich zu Fuß an das südliche Ende des Plateaus. Der Blick auf die Berge ist atemberaubend.
Ich sauge die Eindrücke in mich auf, auch wenn ich mich am Rand des Plateaus nicht 100 % wohlfühle, und mache meine Nerd-Fotos.
Nach diesen tollen Eindrücken schlendere ich wieder mit der Welt im Einklang zum nördlichen Ende des Plateaus, von dem sich ein wahnsinnig toller Ausblick auf die beiden Bergdörfer Al-Ayn und Al-Sharijah bietet.
Mit ein bisschen mehr Zoom lassen sich mehr Details der Dörfer erkennen und die Abbruchkante tut ihr bestes, mir ein leicht schummriges Gefühl einzujagen.
Ich kehre zum Auto zurück und verlasse das seltsam abgesperrte Gebiet. Bevor ich mich auf den Weg zu diesen beiden Bergdörfern mache, habe ich vom Ausguckpunkt gesehen, dass unterhalb ein kleines Dorf im Tal des Abbruchkante liegt. Ich bin irgendwie sehr gespannt, wie sich diese Abbruchkante von unten präsentiert. Ich fahre die kurvige und steile Straße nach Kamfarah.
Der Blick von unten den Hang hinauf ist zwar nicht so atemberaubend wie der Blick von oben hinuter, dennoch finde ich es sehenswert.
Das Auto quält sich die steile Straße wieder hinauf und bald bin ich wieder auf der Hauptstraße des Plateaus, das nun der Reihe nach an den Bergdörfern Al-Ayn und Al-Sharijah vorbeiführt, bis die Straße am Wadi Bani Habib endet. Ich mache aber noch den im Reiseführer empfohlenen Abstecher ins Bergdorf Al-Ayn, und zwar soll sich in einem kleinen Wadi hinter dem Ort ein toller Ausblick über eine steile Abbruchkante bieten. Davon angetrieben parke ich mein Auto auf dem Parkplatz am Ortseingang. Die Gassen des Dorfes sind eng und übersichtlich.
Nach ein paar Minuten durch die engen Gassen öffnet sich dann urplötzlich der Weg und macht den Blick frei für eine wunderbare Bergkulisse.
Ich gehe weiter und bemerke plötzlich, dass vor mir Bewohner des Dorfes die Moschee nach dem Gebet verlassen.
Unter den argwöhnischen Blicken der Anwohner suche ich das Wadi und finde es alsbald. Rechts ab soll es zu diesem Abbruch gehen, der Weg ist aber auch nicht wirklich einfach. Als ich die Abbruchkante erreiche, merke ich wieder ganz deutlich meine Scheu vor der Höhe und ein Unwohlsein breitet sich in mir aus. Ich mache schnell ein paar Fotos, bin aber eher enttäuscht von diesem Anblick.
Ein Zoom auf die weit unter mir liegenden Terassenfelder:
Der Ort ist aber alles in allem eine tolle Erfahrung, man fragt siche infach, wie Menschen hier leben und vor allem, wie sie ihre Felder in diesen Steilhängen bwirtschaften können. Ich finde die Antwort nach einigen Hin- und Herschlendern durch den Ort.
Auch bemerke ich, wie sehr sich ein anderes Bild der Steilhänge bietet, wenn man die Winkel auf die Schlucht ändert.
Nochmal mit etwas mehr Zoom:
Der weg zum Parkplatz ist entsprechend der Lage des Ortes wirklich steil und ich stöhne, als ich beim Auto ankomme. Ab jetzt darf das Auto wieder die Arbeit leisten. Letzter Stopp für heute ist das Wadi Bani Habib, an dessen Ende ein altes, verlassenes Dorf liegt. Auf dem Weg dorthin läuft auf einmal eine Ziegenherde über die Straße.
Ein Parkplatz am Ende der Straße bezeichnet den Anfang des Fußweges in Wadi Bani Habib. Ich klettere erst links herunter und staune nicht schlecht, was sich für ein schöner Anblick mir bietet.
Ich klettere aber wieder zurück, da ich doch noch hoffe, das verlassene Dorf zu erreichen, auch wenn es schon sehr spät ist und die Sonne schon schief steht. Der Weg führt über steile Treppen hinunter, ich merke aber sehr schnell, dass ich es bis zum Sonnenuntergang nicht dorthin und wieder zurück schaffe. Vor allem will ich noch im Hellen das Hochplateau verlassen. Daher entscheide ich mich, mir einen guten Punkt mit Blick auf das einsturzgefährdete Dorf zu suchen und ein paar Aufnahmen zu machen.
Nach dem Erklimmen der Treppen bringt mich das Auto wieder zurück, bis ich am Straßenrand einen Mann sehe. Ich habe gelesen, dass man durchaus die Bewohner des Hochplateaus mitnehmen kann, da viele kein Auto besitzen und ansonsten zu Fuß gehen müssen. Da ich ein hilfsbereiter Mensch und mich nicht für menschenscheu halte, halte ich an und bedeute ihm, dass er einsteigen dürfe. Etwas verwirrt aus der Wäsche schauend, nimmt er meine Einladung dann aber doch dankend an und steigt ein. Englisch spricht er nicht so wirklich, der erste Omani, bei dem das so ist. Ich denke: „Schade, aber naja, Hauptsache, er muss nicht laufen!“. Kaum 5 Minuten gefahren, sehe ich einen zweiten Mann am Straßenrand, der bedeutet mitfahren zu wollen. Auch jetzt halte ich wieder an und nehme ihn mit. Zu dritt fahren wir jetzt Richtung Tal, ohne zu wissen, wo die beiden überhaupt genau hinwollen. Ich fahre einfach drauf los, aber als ich an einer großen Kreuzung nach links Richtung Tal abbiegen will, melden sich die beiden und bedeuten mir, dass sie hier aussteigen möchten. Sie bedanken sich und ich fahre mit einem Lächeln auf dem Gesicht eine kurze Steigung zur Passhöhe hinauf. Gerade geht die Sonne über dem Hochplateau unter, der Anblick ist einfach großartig.
Ein fast perfekter Tag, trotz der vielen Flucherei, neigt sich also dem Ende. Im Hotel Jibreen angekommen, esse ich noch etwas zu Abend und surfe noch etwas. Dann geht es zufrieden ins Bettchen.